BIN ICH ALS PROJEKTLEITER BURNOUT-GEFÄHRDET?

Neue Herausforderungen, ein hohes Maß an Eigenverantwortung, viel Gestaltungsspielraum – dies macht für viele Projektleiter den Reiz an ihrer Arbeit aus. Auf der anderen Seite steht ein enormer Druck: Der Kostenrahmen und die gesetzten Termine müssen eingehalten werden und die Qualität der Ergebnisse muss passen.

Ohne Fleiß, kein Preis. Dieses Sprichwort kennen Projektleiter allzu gut und sind gerne bereit ihre Freizeit oder auch das Wochenende für das Projekt zu opfern – und damit ihre persönliche Auszeit.
Wer über längere Zeit am Limit arbeitet, riskiert im Extremfall auszubrennen. Ein persönliches Selbstmanagement mit Zeit für Sport, Familie und Freunde ist unumgänglich um das psychische Gleichgewicht stabil zu halten.

Das Thema Burnout ist in aller Munde. Seien Sie gespannt, was Andres Brodrecht, unser Leiter für das Beratungsgeschäft und erfolgreicher Coach dazu zu sagen hat.

>> Andreas, warum sind Projektleiter besonders gefährdet?

Projektmanager sind grundsätzlich mehr gefährdet als andere Führungskräfte. Jedes Projekt ist einmalig und stellt neue Herausforderungen. Zusätzlich sind Projekte häufig mit hohen und zum Teil unrealistischen Erwartungen aller Beteiligten verbunden.
Wie mit diesen Belastungsfaktoren umgegangen wird, hängt im Wesentlichen von der individuellen Prädisposition ab. Falls Sie sich einen Überblick über Ihre eigene Burnout-Gefährdung machen möchten: Hier geht es zum Fragebogen.

Meiner Erfahrung nach sind insbesondere Projekteinsteiger von einem Burnout gefährdet. Oft fehlt umfassendes Wissen über das Projektmanagement bzw. das Projekt an sich und sie wurden unzureichend eingearbeitet. Sie nehmen die hohen Erwartungen an und glauben diese um jeden Preis erfüllen zu müssen.

Ebenso betroffen sind Aufsteiger in neue (Leitungs-)Positionen. Oft werden diese nicht ausreichend auf Ihre neue Rolle und das neue Aufgabenfeld vorbereitet. Sie fühlen sich geehrt, wollen viel erreichen und gehen über Ihre Grenzen hinweg.

>> Mitarbeiter sollen doch an der Grenze ihrer jeweiligen Belastbarkeit am produktivsten sein. Was hältst du davon?

Das mag sogar stimmen. Die Frage ist aber: Wie lange kann man an der Grenze leben? Wie erkennt man überhaupt die eigene Grenze? Und wie erkennt man, dass man sie überschritten hat. Und was geschieht, nachdem man sie überschritten hat? Pause? Regeneration? Den Akku wieder aufladen? Schön wäre es, allerdings kann sich das heute im Projektumfeld kaum jemand leisten.

>> Burnout-Prävention – nette Freizeitaktivität oder absolut notwendig?

Ein Burnout ist nicht nur ein privates Problem sondern immer auch ein Thema für das Unternehmen. Schließlich verwalten Projektleiter große Budgets und tragen mit ihren Projekten maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei. Somit sollten Burnout-Alarmsignale des Körpers wie Erschöpfung, Gereiztheit, innere Leere, eine negative Einstellung zur eigenen Arbeitsleistung sowie Motivationslosigkeit sehr ernst genommen werden.

>> Wie kann ich persönlich einem Burnout vorbeugen?

Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: In Projektleiter-Schulungen können, unabhängig vom individuellen Kenntnisstand, notwendiges Wissen erworben und Handlungsalternativen kennengelernt werden.
Darüber hinaus sind Sie als Projektleiter nicht auf sich alleine gestellt, wie meistens im Projektalltag, sondern wachsen mit den anderen Teilnehmern zu einem Projektleiter-Netzwerk zusammen. Wir erleben oft, dass sich Kolleginnen und Kollegen auch lange nach dem Seminarende noch gegenseitig unterstützen.

Ein weiterer Lösungsansatz ist es, den Projektleiter gezielt durch einen Coach zu unterstützen. In größeren Unternehmen sowie bei Linien-Managern ist Coaching heute schon ein fest etabliertes Instrument, im Projektmanagement aktuell noch eher eine Ausnahme, aber mit wachsender Tendenz.

>> Warum sollte ich mich als Projektleiter coachen lassen?

Wenn die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit sich immer mehr vermischen, wenn sich das Gefühl breit macht, „nicht gut genug zu sein“ oder „den Überblick verloren zu haben“, dann bietet Coaching eine wirkungsvolle Möglichkeit eigene Potentiale zu entfalten.

Ein Coach gibt Feedback, Impulse und stellt wichtige Leitfragen – und zwar aus einer externen Perspektive und auf konstruktive Weise. So hilft er dem Klienten, eigenständige Lösungen für Probleme zu finden, die dieser wiederum in den Joballtag übertragen kann. Neben Fragen zur Stressbewältigung können Coachs auch auf individuelle Themen wie Projektleitung, Mitarbeiterführung oder Umgang mit dem Kunden oder Auftraggeber eingehen.

Ziel des Coachings ist es, neue Verhaltensmuster, Denkweisen und Wertmaßstäbe zu entwickeln und einzuüben.

Andreas, herzlichen Dank für die wertvollen Tipps und Hintergründe!